Nach insolvenzrechtlichem Verständnis gelten Banküberweisungen als Zahlungen aus dem Vermögen des anweisenden Schuldners an den Zahlungsempfänger. Sofern diese innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen vor Eintritt der Insolvenz des Schuldners geleistet wurden, können diese (nach US Insolvenzrecht) durch den Insolvenzverwalter vom Zahlungsempfänger zurückgefordert werden. Nach privatrechtlichem Verständnis werden Banküberweisungen dagegen aus dem Vermögen der Bank geleistet, welche im Nachgang der Überweisung einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem anweisenden Schuldner und Kontoinhaber geltend machen kann.
Dies vorausgeschickt, stellte Prof. Schwarcz fest, dass die insolvenzrechtliche Bewertung von Banküberweisungen im Widerspruch zur privatrechtlichen Vermögenszuordnung steht. Konsequenterweise müsste im Insolvenzrecht – wie auch im Privatrecht – die Überweisung an den Zahlungsempfänger als Leistung aus dem Vermögen der Bank verstanden werden. Erst die Ausgleichsleistung des Schuldners und Kontoinhabers an die Bank erfolgt aus seinem Vermögen. Im Fall der Insolvenz des Schuldners wäre damit die Bank Schuldner eines etwaigen Rückforderungsanspruchs des Insolvenzverwalters.
Prof. Schwarcz sah darin eine Parallele zur im Vortragstitel angesprochenen Physik, da auch dort ein und derselbe Sachverhalt je nach Betrachtungswinkel (klassische Physik oder Quantenphysik) unterschiedlich bewertet würde. In der anschließenden, lebhaften Diskussion wurden anderem die Auswirkungen einer streng-privatrechtlichen Behandlung von Überweisungen (auch im Insolvenzfall) auf den Bankensektor und die Finanzmarktstabilität angesprochen. Daneben kam die Perspektive des deutschen und italienischen Rechts zur Sprache. Die Veranstaltung wurde unter anderem von zahlreichen Studierenden der Universität Heidelberg besucht.